Von Universal Analytics zu Google Analytics 4 — die Relevanz für UX Research
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Seit Oktober 2020 als offizielle Version auf dem Markt, löst nun am 01. Juli diesen Jahres Google Analytics 4 (GA4) vollständig die vorherige Universal Analytics (UA) Version ab — Eine Umstellung, die sich für Unternehmen mit eigener Website oder App definitiv lohnt.
Einordnung von Google Analytics als Methode im UX-Research
Zunächst sollte der Begriff UX Research erläutert werden, bevor wir ihn in Zusammenhang mit GA4 bringen. UX ist die Abkürzung für User Experience, bezeichnet also das Anwendungserlebnis das NutzerInnen beim Besuch einer Website oder App erfahren. Dabei stehen positive Erlebnisse unmittelbar in Zusammenhang mit der Zufriedenheit der NutzerInnen und beeinflussen somit den Erfolg einer Online Präsenz. Diesen gilt es natürlich zu optimieren und dafür ist der Einsatz verschiedener UX Research Methoden unumgänglich.
Dazu zählt auch Google Analytics, ein Trackingtool des Datenverkehrs einer Website oder App. GA4 lässt sich dabei den quantitativen und verhaltensorientierten UX Research Methoden zuordnen. Dieses Werkzeug ermöglicht eine Beobachtung und Analyse von Nutzerverhalten (was machen NutzerInnen?) auf der Basis von Zahlen und Daten (wie viel/wie sehr?). Mittels GA4 werden also getrackte Daten sortiert, aufbereitet und können ausgewertet werden, um so ein Verständnis über das aktuelle Verhalten von NutzerInnen einer Website zu erlangen und Ableitungen für die Konzeption und Gestaltung der Website zu identifizieren.
Nutzung von GA4 in Projektphasen von Lichtblick
Google Analytics wird im Projektprozess von Lichtblick in mehreren Phasen eingesetzt und ist neben Workshops ein wichtiger Bestandteil bei Start jedes Projektes. Um das Ziel zu erreichen, die Zufriedenheit der NutzerInnen nachhaltig zu steigern, wird der getrackte Datenstrom der ursprünglichen Website des Kunden noch vor der Konzeptionsphase analysiert. Hier geht es darum, erste Annahmen über das Nutzerverhalten der relevanten Zielgruppe zu treffen, Customer Journey Konzepte durch eine Verhaltensflussanalyse zu verproben und mögliche Schwachstellen sowie Stärken zu identifizieren. Die Auswertung läuft hypothesengeleitet ab, was bedeutet, dass auf Basis der ersten Erkenntnisse konkrete Hypothesen abgeleitet werden, die im nächsten Schritt mit geeigneten Datenberichten aus GA4 bestätigt oder auch widerlegt werden. Diese Ergebnisse stellen so den Ist-Zustand des aktuellen Webauftritts eines Kunden dar und ein Vergleich mit dem Soll-Zustand und Wünschen des Kunden lässt wertvolle Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für die Konzeption der neuen Website ableiten. Diese Ableitungen bilden dann einen Teil der Basis für die weitere Konzeptions- und Designphase.
Nach der Konzeption, Entwicklung und schlussendlich dem Live-Gang der neu gestalteten Website sollte Google Analytics erneut für eine wichtigen Part im Projektprozess eingesetzt werden und zwar zur Validierung der umgesetzten Customer Journeys auf Basis der vorher getesteten Hypothesen und Ableitungen. Waren die vorherigen in der UX-Phase getroffenen Annahmen wirklich richtig? Hat die neue Konzeption und Gestaltung der Website zu den gewünschten Verbesserungen wie z.B. erhöhtem Engagement mit der Seite geführt? Kurz gesagt dient Google Analytics also auch nach Abschluss eines Projektes dazu, Erfolg zu analysieren und Hypothesen zu validieren. Im Use Case mit unserem Kunden Voya ergab das Thema UX-Research mit GA4 besonders spannende und nachhaltige Ergebnisse.
Google Analytics findet neben der klassischen UX-Research ebenso Einsatz für die Themen Kampagnen Tracking und Leadgenerierung sowie den direkten Vergleich verschiedener Landingpages. Was kann man sich darunter vorstellen? Auch wenn die verschiedenen Kanäle wie LinkedIn, Instagram etc. ein eigenes Tracking und Analyse der geschalteten Kampagnen anbieten, ist es darüber allerdings nicht wirklich möglich, den Erfolg von Kampagnen verschiedener Kanäle direkt miteinander zu vergleichen. In GA4 hingegen schon, indem beispielsweise getrackt wird, wie viele NutzerInnen über welchen Kanal bzw. Weg auf die Website gelangen. Vor allem aber auch, wie sich NutzerInnen verhalten, je nachdem, über welchen Kanal sie auf die Website gelangt sind. Daraus lassen sich ebenfalls Rückschlüsse über den Erfolg der einzelnen Kampagnen ziehen. Ebenfalls sehr aufschlussreich ist die Möglichkeit, über Google Analytics neben “harten” conversions besonders “soft” conversions sehen zu können. Wenn es z.B. nicht zu einer direkten harten conversion gekommen ist, bedeutet dies aber nicht, dass es nicht trotzdem ein erhöhtes Interesse oder Interaktion von NutzerInnen mit der Seite gegeben hat. Diese “soft” conversions können sich also unter anderem in längerer Besuchsdauer oder besonderen Klickwegen und Ereignissen zeigen. Es braucht also die richtige Methode, um Kampagnen Tracking noch aussagekräftiger zu gestalten. Im Projekt mit unserem Kunden Engel und Völkers sind die Erkenntnisse des Kampagnen Trackings mit Google Analytics besonders aufschlussreich.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen UA und GA4
Um die Umstellung von Universal Analytics auf Google Analytics 4 erfolgreich verfolgen zu können, ist es nicht verkehrt, sich den wichtigsten Unterschieden zwischen beiden Versionen bewusst zu sein. Grundsätzlich erscheint GA4 nochmals komplexer mit neuen Funktionen, einer veränderten Benutzeroberfläche, Navigation und einem neuen Datenmodell als Basis.
Anders als in UA, bilden nicht mehr “Hits”, also unterschiedliche vordefinierten Treffertypen wie Seitentreffer, Soziale Interkationstreffer oder User timing, sondern “Events” die Grundlage des Datenmodells in GA4. Jede Interaktion eines Nutzers oder Nutzerin mit der Website zählt dabei als ein Ereignis. Ereignisse wie Scrollen, Nutzung der Suche etc. werden nun im neuen Standard von GA4 automatisch erhoben und müssen nicht mehr wir vorher manuell eingerichtet werden. Darüberhinaus erlaubt GA4 die Anreicherung der Events mit weiteren 25 Parametern, die zuvor auf 4 Ebenen beschränkt waren. Wichtig zu beachten ist dabei jedoch, dass sich teilweise die Definition hinter einzelnen Kennzahlen verändert hat. Ein Beispiel hier ist die Bedeutung von “aktiven Nutzern”: in GA4 zählen schon BesucherInnen, die lediglich die Seite aufrufen als aktive Nutzer. Ein Umstieg auf GA4 bedeutet also, dass alles auf das neue Event-basiert Datenmodell gemappt werden muss.
Mit der anders aussehenden Benutzeroberfläche geht auch eine etwas andere Navigation einher. Die verschiedenen Berichte werden in anderen Kategorien organisiert und es gibt keine Ebenenstruktur mehr wie in UA. Hinzugekommen ist der “Berichtsnapshot”: eine Übersicht der wichtigsten Metriken im Widget Format. Über die ist es möglich, zu weiteren Kategorien mit spezielleren Dimensionen und Messwerten zu gelangen. Außerdem ermöglicht GA4 einen hohen Individualisierungsgrad in verschiedenen Aspekten. Es kann beispielsweise der Berichtssnapshot einfach über Drag-and-drop mit weiteren Metriken erweitert und angepasst werden. Es sind Vergleiche verschiedener Szenarien, der Einsatz von Filtern bzw. Bedingungen, die Anreicherung getrackter Daten mit zusätzlichen Informationen möglich und so besser auf die Bedürfnisse des Unternehmens anpassbar.
Neben diesen “großen” und sichtbaren Änderungen gibt es noch einige weitere Aspekte, die GA4 von UA abgrenzen lässt. Es ist nun möglich, Datenströme einer Website und einer App zusammenzuführen und so gemeinsam zu analysieren. Außerdem wird Machine Learning (ML) eingesetzt, um in Zukunft eigenständig Prognosen und Erkenntnisse ableiten zu lassen. Aktuell gibt es schon die Möglichkeit, Fragen zu stellen, die die eigenständige Auswertung erleichtern. Fragen wie “An welchen Tagen kommen die meisten Nutzer?” werden dann mit relevanten Daten und Erhebungen beantwortet und durch den Einsatz von ML auf lange Sicht immer intelligentere Fragen berücksichtigt. Nicht zuletzt können unvollständige Datensätze mithilfe von ML geschlossen werden. Auch das Thema Datenschutz ist mit GA4 besser zu berücksichtigen, denn NutzerInnen haben mehr Kontrolle über die erhobenen Daten, indem zusätzliche Einstellungen für einzelne Länder und Events vorgenommen werden können und das Speichern von IP-Adressen zum Beispiel automatisch anonym stattfindet.
Zusammenfassend grenzt sich GA4 also vor allem durch komplexere Funktionalitäten, einem neuen Datenmodell, mehr Individualisierungsmöglichkeiten und veränderter Oberfläche und Navigation aus.
In Zukunft bei Lichtblick
Google Analytics 4 ist und wird auch in Zukunft fester Bestandteil in unseren Prozessen bei Lichtblick sein. Die Integration des Trackingtools nicht nur zu Beginn eines Projektes zur Hypothesengenerierung und Validierung, sondern eben auch nach Abschluss zur Erfolgsmessung ist dabei das Ziel und stellt damit eine umfassende UX-Recherche dar um die Erfüllung von Kundenbedürfnissen zu garantieren. Die Nutzung tatsächlicher “realer” Daten in Kombination mit Wissen über die Zielgruppe des Kunden ermöglicht verlässliche Schlussfolgerungen, die auf Zahlen und Fakten zurückzuführen sind. Darüberhinaus lässt sich Google Analytics hervorragend mit weiteren qualitativen UX-Research Methoden ergänzen um noch weitere, aussagekräftigere und validierte Hypothesen und Erkenntnisse abzuleiten.
Neben klassischem UX-Research wird GA4 bei Lichtblick besonders weiterhin zur Erfolgsmessung von Kampagnen eingesetzt werden, denn die Kombination aus Kanal-eigenen Trackings mit einem direkten Vergleich des Erfolgs von Kampagnen verschiedener Kanäle stiftet einen besonders großen Mehrwert. So ist es möglich, eine tiefergehende Analyse auch von “soft” conversions durchzuführen.
Es sollte nun deutlich geworden sein, wie wichtig Google Analytics für jeden Webauftritt, aber auch Kampagnen Management und Leadgenerierung ist. Wer also seine aktuellen Nutzer auf der Webseite besser verstehen möchte und wertvolle Erkenntnisse gewinnen möchte, um seinen Webauftritt und Kampagnen auf ein neues Level zu bringen, braucht ab dem 01. Juli 2023 GA4. Verpasst den Umstieg nicht!
Quellen:
- https://support.google.com/analytics/answer/9964640?hl=de#zippy=%2Cthemen-in-diesem-artikel
- https://www.wigital.de/blog/analytics-4-und-universal-analytics-die-grundlegenden-unterschiede.html
- https://www.unifiedarts.de/google-analytics-4-vs-universal-analytics
- ttps://blog.hubspot.de/service/ux-research
- https://www.qualtrics.com/de/erlebnismanagement/kunden/user-experience-research/
- https://www.surveymonkey.de/mp/ux-research/#:~:text=Was%20ist%20UX%20Research%3F,dabei%20die%20sogenannte%20User%20Experience
- https://26631.seu.cleverreach.com/m/14471048/62553–5f83669e732eb3205f010e0cd97ffa2444b66ef026dd16fc08e36287281b49c2fdc0d2a96e942e14d126e99a1970670f
- https://www.analyticskiste.blog/analytics/ua-ga4-unterschiede-im-vergleich/#Alles_Neu_Tracking_in_Google_Analytics_4