UX/UI Prototyping Tools: Unser Designer Flo beantwortet wichtige Fragen
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Bei all unseren Projekten ist eine hohe Nutzerfreundlichkeit von entscheidender Bedeutung. Für die optimale Gestaltung stehen uns eine Vielzahl von Design-Tools zur Verfügung. In diesem Artikel werden wir uns auf die zwei großen Player im Prototyping- und Design-Tool Wettbewerb konzentrieren. Beide Tools bieten bemerkenswerte Funktionen, die die Arbeit von Designern auf ein neues Level heben können.
Es geht um die Programme Adobe XD und Figma. Im letzten Jahr gab Adobe die Übernahme von Figma bekannt, inzwischen ist jedoch von Kartellklagen die Rede und ein Abschluss der Transaktion ist noch nicht in Sicht. Wir gehen daher davon aus, dass beide Tools noch eine Zeit lang unabhängig voneinander bestehen werden. Lasst uns also einen Blick auf die Stärken und Unterschiede dieser beiden Programme werfen. Unser Head of UX Designer Florian Möllering erklärt im Interview mit welchem Tool wir bei Lichtblick in Zukunft arbeiten werden und warum.
Adobe XD – Eine All-in-One-Lösung für Designer
Adobe XD ist ein vielseitiges Tool, das es Designern ermöglicht, ihre Visionen zum Leben zu erwecken. Mit XD können Benutzeroberflächen erstellt, Prototypen entwickelt und sogar Animationen hinzugefügt werden. Die nahtlose Integration mit anderen Adobe-Produkten wie Photoshop und Illustrator macht es zu einer vertrauten Umgebung für diejenigen, die bereits mit der Adobe Creative Cloud arbeiten.
Eine der herausragenden Funktionen von Adobe XD ist die Möglichkeit, globale Designelemente zu erstellen, die wiederholt eingesetzt werden können. Durch das Erstellen von Komponenten kann der Designer Änderungen an einem Element vornehmen und diese Änderungen werden automatisch in allen Instanzen dieses Elementes aktualisiert. Dies spart Zeit und erhöht die Effizienz bei der Erstellung von UI-Designs.
Figma – Kollaboration und Cloud-basiertes Design
Figma hingegen zeichnet sich durch seine kollaborativen Funktionen und seine Cloud-basierte Plattform aus. Mehrere Designer können gleichzeitig an einem Projekt arbeiten und Änderungen in Echtzeit verfolgen. Dies ermöglicht eine reibungslose Zusammenarbeit und einen effektiven Workflow, insbesondere wenn sich das Designteam an verschiedenen Standorten befindet.
Die Fähigkeit, Projekte in der Cloud zu speichern und freizugeben, macht Figma zu einer benutzerfreundlichen Plattform für die gemeinsame Arbeit an Designprojekten. Durch die Möglichkeit, Prototypen an Kunden freizugeben, können Stakeholder und Kunden leicht auf die Entwürfe zugreifen und Feedback geben. Zudem bietet Figma die Möglichkeit, Live-Präsentationen zu erstellen, die es Teams ermöglichen, Feedback in Echtzeit zu erhalten und schnellere Entscheidungen zu treffen. Ein weiterer Pluspunkt ist die große Community in Figma. In der Online Bibliothek kann auf Templates, Assets und vorhandene Designbeispiele zurückgegriffen werden. Zum Teil sind die Designs kostenlos oder können über weitere Plattformen erworben werden.
Welches Tool ist das Richtige für wen?
Die Wahl zwischen Adobe XD und Figma hängt von den spezifischen Anforderungen des Designprozesses und der Teamdynamik ab. Wenn man bereits mit der Adobe Creative Cloud vertraut ist und nahtlos zwischen verschiedenen Adobe-Produkten arbeiten möchte, könnte XD die beste Wahl sein. Es bietet eine umfangreiche Funktionalität und eine vertraute Benutzeroberfläche.
Wenn hingegen in einem Team gearbeitet wird, das auf Zusammenarbeit und Echtzeit-Feedback angewiesen ist, ist Figma möglicherweise die richtige Lösung. Die cloud-basierte Plattform und die kollaborativen Funktionen machen es zum idealen Werkzeug für Teams, die an verteilten Standorten arbeiten oder remote zusammenarbeiten.
Unabhängig von der Wahl zwischen Adobe XD und Figma ist es wichtig zu betonen, dass beide Tools kontinuierlich weiterentwickelt werden. Neue Funktionen und Verbesserungen werden regelmäßig eingeführt, um den Designprozess noch effizienter und benutzerfreundlicher zu gestalten.
“Der nächste Schritt wird sein, dass wir Prototypen-Elemente, die wir aktuell an einen Programmierer weitergeben, schon programmiert werden bei der Erstellung des Layouts.”
- Florian Möllering, Head of UX Design Lichtblick Digital
Unser Designer Florian Möllering erklärt im Interview, warum Lichtblick sich für einen Wechsel von XD zu Figma entschieden hat:
Frage: Wie lange arbeitest du schon mit XD bzw. Figma? Wie hast du die Tools jeweils kennengelernt?
Flo: Adobe XD kenne ich durch die Creative Cloud, in der Adobe seine Produkte gesammelt anbietet und Figma kenne ich eigentlich nur durch Empfehlungen. Zu der Zeit, als ich Webdesign begonnen habe, gab es nur wenige Prototyping Tools. Figma gab es schon, aber es war noch nicht so entwickelt wie jetzt. Damals haben wir noch in Illustrator und Photoshop Webseiten gelayoutet. Die mir bekannten Prototyping-Tools gab es damals nur von Marvel, Sketch und InVision. Das ist jetzt so fünf, sechs Jahre her.
Frage: Mit welchen Tools arbeiten die meisten Agenturen heute?
Flo: Die größeren Agenturen gehen heute eher auf Figma und die kleineren arbeiten eher mit XD, was dem Kostenmodell geschuldet ist. Wenn eine Agentur eine Adobe Cloud hat, ist XD automatisch inkludiert. Figma müsste dann noch on top dazu gebucht werden. Größere Agenturen haben meistens beides.
Frage: Was gefällt dir persönlich an den Tools im Vergleich zu anderen Anwendungen wie Invision oder Sketch?
Flo: Adobe XD und Figma haben sich aus verschiedenen Gründen gegenüber anderen Tools durchgesetzt. Ein großer Vorteil ist die Kollaboration und die Erstellung globaler Designsysteme in den Programmen. Das bietet einen Mehrwert für komplexe, große Projekte, da die Fehlerquote geringer ist und die Pflege der Elemente einfacher wird. Der Designer bestimmt das Aussehen der Elemente und kann Updates an einer Stelle vornehmen, wodurch sich die Änderungen im gesamten Projekt ausbreiten und die Mitarbeiter benachrichtigt werden. Dies ist bei Figma Standard, während bei Adobe XD die Dateien online gespeichert werden müssen, was den Einsatz der Adobe Cloud und den Kauf von zusätzlichem Speicherplatz erfordert.
Ein weiterer Punkt ist die schnelle Erstellung von Prototypen. Es gibt drei Phasen: Design und Layout, Interaktion und Prototypenerstellung sowie Übergabe an die Programmierer. Bei der Übergabe ist Figma weiter fortgeschritten als XD, da Figma dem Webdesign näher kommt und die Handhabung von Designelementen erleichtert.
Ein weiterer Vorteil beider Anwendungen, sowohl bei Figma als auch bei XD, ist die Möglichkeit, dem Kunden einen Link zu schicken, damit er online die Inhalte überprüfen und kommentieren kann. Früher wurden PDFs verschickt, auf denen der Kunde Kommentare hinterließ, ohne den genauen Zusammenhang zu erkennen. Die neuen Prototyping-Tools bieten die Möglichkeit, das Endergebnis besser zu simulieren und den Prototypen näher an das zu bringen, was die Programmierer am Ende erstellen werden. Dadurch ist der Versatz zwischen Layout und dem fertigen Produkt geringer.
Frage: Welches Tool hat eher das Potential, im gesamten Unternehmen eingesetzt zu werden, eventuell auch in Kollaboration mit Kunden oder Partnern?
Flo: Das wird bei Figma jetzt immer mehr der Fall sein, weil Figma jetzt auch FigJam, ein Whiteboard-Tool, anbietet. Und da ist der große Vorteil, dass man zwischen den Welten hin und her kopieren kann, zwischen der Figma Datei und FigJam. Das ist auf jeden Fall auch ein Riesenmehrwert. Ich muss nicht die Wireframe-Datei exportieren und in Figma wieder importieren, sondern ich kann die Elemente einfach ins FigJam rüberziehen. Genauso kann ich auch andersrum Elemente von FigJam zu Figma rüberholen. Das haben wir gerade bei einem Projekt schon gemacht, dass wir eine Sitemap und eine Pagemap in FigJam für das Wireframe erstellt haben und diese dann in Figma implementiert haben. Das ist dann einfach ein bisschen schneller vom Workflow. Bei XD gibt es derzeit noch kein integriertes Whiteboard-Tool.
Frage: Verträgt sich Figma mit Anwendungen aus der Adobe Creative Cloud oder sollte man in dem Fall lieber auf XD zurückgreifen?
Flo: Die Adobe Creative Cloud wird hauptsächlich für klassische Corporate Design Projekte verwendet, was jedoch nur etwa 10–20 Prozent unserer aktuellen App-Nutzung ausmacht. Schätzungsweise arbeiten wir zu 80 Prozent mit Figma. Der Bedarf für Adobe-Tools besteht zwar noch, aber ihr Einsatz wird definitiv reduziert. Für die Erstellung von Vektordaten kann man zum Beispiel auch Figma verwenden statt Adobe lllustrator. Illustrator wird eher für die Erstellung von Illustrationsgrafiken oder Erklärgrafiken benötigt, die als Bild exportiert werden sollen.
Frage: Mit welchem Tool arbeiten wir zurzeit bei Lichtblick und warum? Welche Entwicklungen stehen bei uns in der Agentur diesbezüglich an?
Flo: Seit April laufen alle Projekte bei Lichtblick mit Figma. Wir arbeiten aber erst seit kurzem mit Figma, nachdem wir einige Jahre Adobe XD genutzt haben. Die Entscheidung für den Wechsel der Anwendung fiel aus verschiedenen Gründen. Erstens, die Übernahme von Figma durch Adobe. Letztes Jahr hat Adobe den Deal verkündet und obwohl dieser gerade nochmal in Frage gestellt wird, haben wir das Gefühl, dass Figma langfristig überleben und sich durchsetzen wird. Ein zweiter Grund ist der Kostenfaktor. Bis dato gab es immer die zwei Lager Figma und XD. Wir waren lange im XD Lager, da wir die kostenlose Version nutzen konnten und nicht so viele Profi-Lizenzen benötigten. Dies hat sich aber nun geändert, da unser Design-Team gewachsen ist und auch vermehrt remote arbeitet. Kollaborationsmöglichkeiten sind daher viel wichtiger geworden. Bei XD muss als Agentur dafür die gesamte Creative Cloud gebucht werden, während bei Figma das kollaborative Arbeiten günstiger ist und vielseitigere Optionen bietet. Drittens bietet Figma, wie bereits angesprochen, Vorteile aufgrund des integrierten Whiteboard-Tools. Bisher arbeiten wir noch mit Conceptboard als Whiteboard-Tool. Dies könnte aber durch die erwähnten Vorteile in Zukunft von FigJam abgelöst werden.
Frage: Welchen Vorteil siehst du bei der Implementierung von Figma für unsere Kunden?
Flo: Unser Prozess wird durch die Verwendung von Figma nicht beeinflusst. Allerdings bietet dies unseren Kunden die Möglichkeit, stärker in den Prozess eingebunden zu werden. Sie erhalten einen eigenen Figma-Account über eine spezielle Lichtblick-Mail-Adresse und können über einen Link alle Iterationsschritte des Projekts einsehen. Dadurch werden sie immer mehr in das Projekt eingebunden und haben jederzeit Zugriff auf die Dateien, den Prototypen und die offene Dateistruktur. Dies ist ein Vorteil, da unsere Kunden nun eine Board-Übersicht haben und die Designer-Perspektive erhalten. Sie können die einzelnen Art-Boards im Flugmodus betrachten und erhalten somit einen umfassenden Überblick über das Design, die Elemente und die Seiten. Dies erleichtert das Verständnis der Webseite und ermöglicht es den Kunden, bereits in diesem Modus Kommentare zu hinterlassen. Zudem bietet Figma die einfache Erstellung von Animationen und Interaktionen, wodurch das Endprodukt realitätsnäher dargestellt werden kann.
Frage: Wo siehst du die Zukunft für Prototyping- und UX/UI-Tools? Wie werden sich die Designprozesse weiterentwickeln?
Flo: Der nächste Schritt wird sein, dass die Prototypen-Elemente, die wir aktuell an einen Programmierer weitergeben, schon programmiert werden bei der Erstellung des Layouts. Und da liegt auch ein entscheidender Unterschied zwischen Figma und XD, weil die Arbeitsweise in Figma schon viel mehr dem Programmierer entspricht als einem Designer. In Figma muss der Designer teilweise schon Design- und Aufbauentscheidungen treffen, die eher dem Webdesign ähneln als dem klassischen Design. Beispielsweise einen Button baut man im Webdesign so auf, dass man einen Textbaustein hat und in diesem Textbaustein Abstände nach links, rechts, oben und unten, das sogenannte Padding. Und dann würde man diesem Textbaustein eine Hintergrundfarbe geben. Und damit ist der Button schon fertig. In XD würde man anfangen, ein Rechteck zu zeichnen und dann ein Textfeld drauf zu legen. In Figma würde man die Variante mit dem Textbaustein machen, so wie in der Programmierung. Und in XD macht man es, wie man es aus dem klassischen Designbereich kennt.
Die Zukunft wird sein, dass die Komponenten, die jetzt im normalen Layout erstellt werden, schon eins zu eins direkt als Webkomponenten benutzt werden können. Und diese müssen dann nur noch verknüpft werden mit einer Datenbank, JavaScript etc., sodass es gar keinen Versatz mehr geben wird. Das Frontend-Design wird immer weniger gebraucht werden. Das spielt insofern dem “klassischen” Designer in die Karten, da das Endprodukt so immer mehr dem erstellten Layout gleichen wird, ohne dass Details für die Funktionalität geändert werden müssen. Der nächste Schritt ist dann, dass die KI (Künstliche Intelligenz) im Prinzip schon die Programmierung übernimmt. Das gibt es tatsächlich schon und wird stetig weiterentwickelt.
Die grundlegenden Entscheidungen liegen derzeit aber noch beim Menschen. Auch die Verknüpfung der Komponenten mit dem System, z.B. WordPress, funktioniert noch nicht automatisch. Allerdings werden die Programme immer schneller und auch Designentscheidungen werden weniger. Auf Grundlage von bestimmten Angaben können Programme zum Beispiel schon gewisse Vorentscheidungen treffen zu Farbe und Formen etc.. Eine KI kann dann beispielsweise nach einer Designentscheidung alle Elemente automatisch anpassen. Das wird sicherlich auch eine der kommenden Entwicklungen sein.
Fazit
Als Agentur haben wir uns entschieden, von Adobe XD zu Figma als unser bevorzugtes Design-Tool zu wechseln. Wir schätzen die kollaborativen Funktionen und die Cloud-basierte Plattform von Figma, die es uns ermöglichen, nahtlos mit Kunden und Teammitgliedern zusammenzuarbeiten, unabhängig von deren Standort. Darüber hinaus bietet Figma eine benutzerfreundliche Oberfläche, die einfach zu erlernen und zu bedienen ist, was unsere Produktivität und Effizienz verbessert. Obwohl Adobe XD auch eine leistungsstarke Option ist, erfüllt Figma unsere Anforderungen als Agentur am besten.
Wenn Sie Fragen zu unseren Tools und Methoden haben oder weitere Informationen benötigen, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.
Quellen:
- https://www.figma.com/de/figma-vs-adobe-xd/
- https://stadt-bremerhaven.de/adobe-kartellklage-soll-figma-uebernahme-verhindern/
- https://www.adobe.com/de/about-adobe/intent-to-acquire-20220915.html
- https://praxistipps.chip.de/adobe-xd-vs-figma-welches-programm-ist-besser_157807
- https://www.jwied.de/blog/figma-vs-adobe-xd-ein-vergleich-der-top-design-tools