Laws of UX | Hick’s Law
Lesedauer: 5–6 Minuten
Als Menschen haben wir einen zugrunde liegenden Plan dafür, wie wir die Welt um uns herum wahrnehmen und verarbeiten. Psychologische Prinzipien helfen uns, diesen Plan zu entschlüsseln. Designer können dieses Wissen nutzen, um intuitivere, menschenzentrierte Produkte und Erfahrungen zu entwickeln. Anstatt die Benutzer zu zwingen, sich an das Design eines Produkts oder einer Erfahrung anzupassen, können wir einige Schlüsselprinzipien aus der Psychologie als Leitfaden für ein Design verwenden, das an die Menschen angepasst ist.
In unserer Blogreihe Laws of UX versuchen wir, komplexe Heuristiken aus der Psychologie für mehr Menschen zugänglich zu machen. Im ersten Teil unserer Reihe beschäftigen wir uns mit dem sogenannten Hick’s Law.
Hick’s Law auf den Punkt gebracht
Das Hick’sche Gesetz (oder Hick-Hyman-Gesetz) ist nach den Psychologen-Duo William Edmund Hick & Ray Hyman benannt, die 1952 den Zusammenhang zwischen der Anzahl der vorhandenen Reize und der Reaktionszeit einer Person auf einen bestimmten Reiz untersuchten.
“The time it takes to make a decision increases with the number and complexity of choices.” — William Edmund Hick
Mit anderen Worten: Die Zeit, die ein Nutzer (oder Website-Besucher) benötigt, um eine Entscheidung zu treffen, steigt mit der Anzahl und Komplexität der Auswahlmöglichkeiten. Benutzer, die mit Auswahlmöglichkeiten bombardiert werden, müssen also viel Zeit aufwenden, um zu interpretieren und zu entscheiden, welchen Weg sie einschlagen wollen und welchen nicht (weil er bspw. zu umständlich ist oder zumindest so erscheint).
Im Allgemeinen ist die Anwendung des Hick’schen Gesetzes einfach: Reduziere die Anzahl der Stimuli (Reize bzw. Auswahlmöglichkeiten) und erhalte einen schnelleren Entscheidungsprozess. Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. Ein Benutzer kann beispielsweise bereits eine Entscheidung getroffen haben, bevor er die Stimuli gesehen hat. In diesem Fall ist die Zeit, die er braucht, um zu handeln, wahrscheinlich geringer, als wenn er sich nicht bereits für eine Vorgehensweise entschieden hätte.
Hick’s Law in der Umsetzung: Simplicity is the key to success.
Hick’s Law begleitet uns in unserem alltäglichen Leben. Es ist überall zu finden, nicht nur im Webdesign. Wenn wir in ein gehobenes Restaurant gehen, hat derjenige, der die Speisekarte geschrieben hat, oft das Hick’sche Gesetz angewendet, um uns die “richtige” Anzahl an Auswahlmöglichkeiten zu geben. Je weniger man sich in der Entscheidungsfindung verzettelt, desto mehr Zeit bleibt, das Essen mit der Begleitung zu genießen. Stellen wir uns eine Speisekarte mit über 50 Pizzen vor: Was für eine entmutigende Aufgabe, eine Pizza auszuwählen!
Ein Designprinzip, das eng verbunden ist mit dem Hick’s Law, ist das sog. KISS-Prinzip (“Keep It Short and Simple”) aus den 1960er Jahren. In Anlehnung an das Hick’sche Gesetz besagt KISS, dass Einfachheit der Schlüssel für die optimale Funktion eines Systems ist.
Hick’s Law im (Web-)Design
Natürlich verwenden Designer das Hick’sche Gesetz nicht isoliert. Es wird immer mit anderen Designprinzipien kombiniert, damit es wirkungsvoll funktioniert. Auch bei Hick’s Law müssen wir oft Kompromisse eingehen — manchmal lässt sich Komplexität nicht vermeiden. Das ist der Grund, warum eine Spiegelreflexkamera viel mehr Bedienelemente und Optionen hat als die Kamera eines Smartphones. Das Ziel des Hick’schen Gesetzes ist es, zu versuchen, den Entscheidungsprozess zu vereinfachen, und nicht, ihn ganz zu eliminieren.
Im Webdesign — wie auch bei anderen Arten des Produktdesigns — haben wir oft mehrere Funktionen und Auswahlmöglichkeiten, die wir dem Benutzer präsentieren möchten. Hier müssen wir Zeit darauf verwenden, darüber nachzudenken, wie wir diese darstellen wollen. Die Landing Page (zumeist die Startseite) ist das erste, was Nutzer von einer Website zu sehen bekommen. Um auf dieser Seite einen positiven Eindruck nach Hick’s Law zu hinterlassen, ist es hier besonders wichtig, die Auswahlmöglichkeiten zu minimieren. Daher gilt es, genau zu analysieren, wer die Zielgruppe ist, welche Anforderungen & Bedürfnisse sie hat und wie eine entsprechende Customer Journey (oder User Story) aussehen könnte. Um dies zu gewährleisten, sollte bei der Website-Erstellung darauf geachtet werden, dass vor der Konzeptionsphase eine ausführliche Ausrichtungsphase stattfindet. So lässt sich herausfinden, auf welche Website-Module es wirklich ankommt.
Abschließende Gedanken & Takeaways
Um Hick’s Law bei der Gestaltung von interaktiven Produkten, wie z.B. Websites, effektiv einzusetzen, sollte man zuallererst bedenken, dass die Zeit des Anwenders kostbar ist. Schlechte Designentscheidungen können zur Folge haben, dass den Benutzern Zeit “gestohlen” wird. Niemand ist gezwungen, auf einer Website zu bleiben oder sie zu nutzen (vor allem, wenn es Alternativen gibt). Daher ist ein tiefes Verständnis für die eigene Zielgruppe und die Art & Weise, wie man mit ihr interagiert, von entscheidender Bedeutung. Durch das Hervorheben von Entscheidungsoptionen, die für den Benutzer in seinem Kontext wichtig sind, kann er gezielt an sein Ziel geführt werden. Dies wird die Entscheidungsfindung optimieren und die Erledigung der zielgruppenspezifische Aufgabe beschleunigen, sodass am Ende beide Seiten ihr angestrebtes Ziel erreichen.
Entdecke hier weitere UX-Gesetze. Die wichtigsten Gesetze zu einer optimierten Nutzerfreundlichkeit neben Hick’s: Jakob’s und Miller’s Gesetz..
Quelle: https://lawsofux.com/hicks-law/