Agiles Projektmanagement: Unsere Top 8 Learnings
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“Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung.” — Heraklit (ca. 535 — 475 v. Chr.)
Dieses allseits bekannte Zitat ist zwar über 2000 Jahre alt, war aber wahrscheinlich noch nie so zutreffend wie in der heutigen Zeit. Die zentrale Frage, die sich daraus für Organisationen ergibt, lautet: Wie schaffen und reagieren wir auf Veränderung?
Agilität bedeutet, nicht nur reaktiv sondern auch proaktiv mit Veränderung umzugehen. Sei es die flexible Umstellung von Präsenz-Veranstaltungen auf virtuelle Treffen in Zeiten von Covid oder die proaktive Optimierung von Mitarbeiter-Erlebnissen im Sinne von New Work — die einzige Konstante ist heute der Wandel.
Agiles Arbeiten bei Lichtblick
Wir bei Lichtblick haben in den letzten eineinhalb Jahren viel Zeit damit verbracht, unsere Arbeitsweise zu hinterfragen, weiterzuentwickeln und unsere Vision von Agilität voranzutreiben. Mit einer Kombination aus agilem und statischem Projektmanagement versuchen wir stets das Beste für unsere Kunden und deren Bedürfnisse aus beiden Ansätzen zu vereinen.
Eines sei vorab gesagt: Es ist nicht möglich, einfach von heute auf morgen auf agiles Arbeiten umzustellen. Aber mit der Zeit und zunehmender Erfahrung werden die Fortschritte schnell spürbar.
Unsere Top 8 Learnings
1. Ein einheitliches Verständnis von “Agilität” schaffen
Führt man agiles Arbeiten in der Agentur oder im Unternehmen ein, ist die Grundvoraussetzung, dass alle Beteiligten das gleiche Verständnis davon haben, was der Begriff “agil” bedeutet. Ist dies nicht der Fall, sind Missverständnisse und Vorbehalte im Hinblick auf die gemeinsame Zusammenarbeit häufig die Folge.
So geht es beim agilen Arbeiten beispielsweise weder darum, einfach loszulegen und zu sehen, was passiert, noch ist es gleichzusetzen mit Scrum. Scrum ist lediglich ein möglicher Ansatz für agiles Arbeiten. Man kann auch agil arbeiten, ohne Scrum zu verwenden. Umgekehrt bedeutet die bloße Tatsache, dass Sie das Scrum-Regelwerk befolgen, nicht, dass Sie wirklich agil arbeiten. „Agilität“ ist eine Denkweise oder Kultur, die einiges mehr umfasst als das, was Scrum abdeckt.
2. (Aktive) Einbindung von Stakeholdern — Ja, aber …
Beim agilen Arbeiten liegt die Verantwortung für den Projekterfolg nicht mehr nur bei einer Person, sondern bei dem gesamten Projektteam. Hinzu kommen weitere Stakeholder wie Projektbeteiligte auf Kundenseite oder auch (potenzielle) Endnutzer.
Jede zusätzliche Rolle, die neben den genannten im laufenden Projekt existiert und zwischen dem Projektteam und dem Kunden steht, sollte gut überlegt sein, da sie die direkte und effektive Kommunikation zwischen dem Team und dem Kunden beeinträchtigen kann.
3. Eigenverantwortliches Arbeiten statt (unflexible) Ressourcenplanung
Im Agenturalltag werden meist mehrere Projekte für mehrere Kunden gleichzeitig abgewickelt. Daraus ergibt sich die Herausforderung, die anfallende Arbeit möglichst effektiv auf alle Mitarbeiter zu verteilen.
Der klassische Agentur-Ansatz zur Bewältigung dieser Herausforderung ist die Ressourcenplanung. Dabei erstellen die Projektleiter oder ‑Manager Pläne für mehrere Tage oder Wochen im Voraus und weisen den einzelnen Mitarbeitern Projekte und Aufgaben zu.
Dies erfordert nicht nur einen hohen Planungs- und Koordinierungsaufwand, sondern vor allem Zeit. Darüber hinaus ist das Resultat im Allgemeinen sehr unflexibel, da es voraussetzt, dass alle für diesen Zeitraum getroffenen Schätzungen und Annahmen eintreten.
Die Erfahrung zeigt jedoch, dass solche Pläne in der Realität selten aufgehen: Eine wichtige (Teil-)Aufgabe wird nicht rechtzeitig erledigt, Kollegen werden krank oder es treten andere unvorhergesehene Ereignisse ein, die dazu führen, dass einzelne Aufgaben länger dauern als geplant. Die Folgen sind eine ungleiche Auslastung der Kollegen, Stress und Überstunden.
4. Unsere Lösung: Das Pull-Prinzip
Agiles Arbeiten erfordert eine Pull-Mentalität. Das bedeutet, dass die Mitarbeiter selbst bestimmen, welche Aufgaben sie wann bearbeiten. Damit dies funktioniert, müssen anstehende Aufgaben und ihr Fortschritt transparent kommuniziert werden.
Im Idealfall geschieht dies nicht nur auf Projektebene, sondern für alle Aufgaben, die im Unternehmen anfallen. Dazu gehören zum Beispiel auch Aufwandsschätzungen, das Erstellen von Präsentationen, die Vorbereitung von Workshops oder auch das Schreiben dieses Blogartikels.
Wir realisieren dies zum Beispiel durch unser Projektmanagement-Tool Teamwork.
5. Erstellung agiler Angebote
Eine klassische Angebotsphase zwischen einem Kunden und einer Agentur sieht, vereinfacht ausgedrückt, meist so aus: Ein Kunde möchte ein Produkt (z.B. eine Website) und hat eine mehr oder weniger genaue Vorstellung davon, wie diese aussehen soll, bis wann sie fertig sein muss und über welches Budget er verfügt. Er brieft die Agentur über seine Anforderungen und bittet sie, ein Angebot für die Entwicklung des Produkts abzugeben, d.h. den Preis festzulegen. Aus der Sicht des Kunden klingt das zunächst einmal sehr gut: Er weiß, was er wann und zu welchem Preis bekommt.
Das Problem dabei: Anforderungen ändern sich. Nicht selten ändern sich die Kunden-Vorstellungen im Laufe eines Projekts. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Vielleicht sind in der Zwischenzeit andere (technische) Features wichtiger geworden, oder es hat sich im Laufe des Projekts herausgestellt, dass eine strategische Neuausrichtung notwendig ist. Da jedoch alles im Angebot fest definiert wurde, ist es schwierig bis unmöglich, nachträglich etwas am Projekt zu ändern, ohne nachzuverhandeln.
Es ist daher sinnvoller, im Angebot keine genauen Leistungspositionen anzugeben, sondern geleistete Arbeitsaufwände abzurechnen. Nur so ist es möglich, ein Projekt wirklich agil abzuwickeln. Wie viel und was der Kunde für sein Geld bekommt, bestimmt er weitgehend selbst im Laufe des Projekts, indem er die Liste seiner Anforderungen gemeinsam mit dem Team aktuell hält und (bei Bedarf) regelmäßig neu priorisiert.
6. Mit dem Kunden im Team arbeiten
Für ein erfolgreiches Projektergebnis, das alle Beteiligten zufriedenstellt, ist ein traditionelles Kunden-Dienstleister-Verhältnis kontraproduktiv, denn es impliziert, dass der Kunde letztlich nur einen Auftrag erteilt und ein Ergebnis erwartet. Agiles Arbeiten erfordert jedoch in der Regel Arbeit auf allen Seiten, vor allem in Form einer regelmäßigen Kommunikation — auf Augenhöhe — miteinander.
Das bedeutet, dass sich Kunde und Agentur als ein Team verstehen, das gemeinsam ein Projekt bearbeitet und gegenseitig voneinander profitiert: Während die Agentur in der Regel Experte für Strategie, User Experience, Design und technische Umsetzung ist, kennt der Kunde hingegen seine internen Prozesse und Anforderungen sowie die Zielgruppe besonders gut. Nur wenn dieses Wissen gebündelt wird, können nutzerorientierte Produkte geschaffen werden, die alle Anspruchsgruppen zufrieden stellen.
7. Feedback-Schleifen
Eine große Stärke und ein wichtiger Grund, warum nach unserer Erfahrung die Qualität von agil entwickelter Produkte höher ist als in Projekten mit klassischem Projektmanagement, ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit und iterative Verbesserung des Produkts auf der Basis von frühem und häufigem Feedback aller Beteiligten. (…) Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass jeder in jeder Phase des Projekts alles überprüft.
Häufiges Feedback ist eines der wichtigsten Assets in der agilen Entwicklung und sorgt dafür, dass das Produkt in einer Qualität entwickelt wird, die alle Beteiligten zufrieden stellt. Das funktioniert natürlich nur, wenn alle Beteiligten in jeder Phase des Projekts einbezogen werden.
8. Fehler machen und daraus lernen
Da die Umstellung auf agiles Arbeiten ein Prozess ist, der in vielen Bereichen ein Umdenken erfordert und kein fest definiertes Ziel hat, wäre es naiv zu glauben, dass solch weitreichende Veränderungen auf Anhieb reibungslos funktionieren.
Aus unserer Erfahrung können wir sagen, dass man nicht versuchen sollte, alles auf einmal zu ändern, sondern eine Maßnahme nach der anderen umsetzen sollte. Auf diese Weise wird schnell ersichtlich, was funktioniert und was nicht und wie man darauf aufbauen kann.
Wir empfehlen daher, einen internen Wissens- und Erfahrungsaustausch zu etablieren, sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen und — so plakativ es auch klingt — aus Fehlern zu lernen.
Fazit: Agilität für sich nutzen
Gerade für das Projektgeschäft enthält das Agilitäts-Konzept viele gewinnbringende Ansätze, die bei der täglichen Zusammenarbeit mit verschiedenen Kunden helfen. Grundsätzlich gilt:
- Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
- Es wird in Lösungen statt in Problemen gedacht.
- Die Reaktion auf Veränderung ist wichtiger als das Befolgen eines Plans.
Ob sich agile Methoden wie Scrum, Kanban oder Design Thinking für jedes Projekt eignen ist zweifelhaft. Trotzdem ist es gerade als Agentur sinnvoll, sich mit diesen zu beschäftigen und die zugrunde liegenden Prinzipien wie Flexibilität oder Selbstorganisation in die eigene Arbeitsweise zu integrieren.
Quellen:
- https://medium.com/aperto-an-ibm-company/wie-wird-man-agil-eine-hilfestellung‑f%C3%BCr-agenturen-a6eb12142798
- https://blog.adobe.com/en/publish/2021/01/28/are-you-running-an-agile-marketing-organization.html#gs.8lb1dx
- https://bernet.ch/blog/2018/08/07/agil-agiler-noch-agiler-wie-die-kommunikation-mithaelt-teil‑1/